Cannabispatient gerät in Polizeikontrolle – Besser mit Cannabinoidausweis!

Ich kam Ende letzten Jahres als Beifahrer in eine Polizeikontrolle. Der Fahrer ist ebenfalls Patient. Die Sache ist gut ausgegangen – auch dank eines ausgefüllten Cannabinoidausweis.

Den Cannabinoidausweis könnt ihr auf dieser Seite kostenlos bestellen oder einfach selbst ausdrucken. Eigentlich muss man als Patient nichts bei sich führen, daher gibt es auch keinen „offiziellen“ Ausweis. Der Ausweis ist im Prinzip nichts anderes als ein Vordruck für den Arzt. Es gibt inzwischen weitere Cannabioid-Ausweis, sogar chic im Kreditkartenformat. Zu diesem einen speziellen Produkt möchte ich sagen: Ob die Unterschrift des Apothekers besser ist als eine Behandlungsbestättigung vom Arzt bezweifel ich, sie könnte aber durchaus auch seinen Zweck erfüllen. Das Gute am Papierausweis ist dass man immer wieder ein aktuelles datum eintragen kann und explizit die Blüten erwähnen kann.

Was man zudem dabei haben sollte

Sehr empfehlenswert: Ein Artikel aus der Zeitschrift der Deutsche Polizei Gewerkschaft, Ausgabe 08 2017 Seite 1 sowie 18-21

Das Fazit findet sich auch aktuell in einem Artikel der Ärztezeitung zum diesjährigen Verkehrsgerichtstages: „Nicht zuletzt unter dem Eindruck der sozial- und betäubungsmittelrechtlichen Freigabe von Cannabis als Medizin seit März 2017, werden sich die Referenten unter anderem mit der Reichweite der sogenannten Arzneimittelklausel in Paragraf 24a Straßenverkehrsgesetz befassen, wonach die Teilnahme am Straßenverkehr auch unter Cannabis-Einfluss dann keine Ordnungswidrigkeit darstellt, wenn ein THC-haltiges Arzneimittel bestimmungsgemäß eingenommen wurde.“

Leistungsauszug und Patientenakte

Für einen Antrag auf Kostenerstattung einer Therapie mit Cannabis sind diverse Unterlagen notwendig. Der Patient muss dokumentieren welche Behandlungen und Medikamente bereits versucht wurden. Da nicht jeder aktuelle oder ehemalige Arzt eine Therapie mit Cannabis unterstützt gestaltet sich der Nachweis mitunter schwierig. Das Patientenrecht in Deutschland gibt Betroffenen jedoch gute Instrumente an die Hand um die erforderlichen Informationen zu erhalten.

Bei seiner Krankenkasse kann man einen Leistungsauszug erfragen. Bei meiner Versicherung der TK bekommt man bei Nutzung der TK-App auf einen Knopfdruck sämtliche Kassenrezepte angezeigt, die man in den letzten Jahren eingelöst hat.

Auch wenn es sich noch immer nicht in allen Arztpraxen rumgesprochen hat, inzwischen haben Patienten einen Rechtsanspruch nach §630g auf Einsicht ihrer Patientenakte.

BGB § 630g Einsichtnahme in die Patientenakte Weiterlesen

Arztfragebogen zu Cannabinoiden nach § 31 Abs. 6 SGB V

Quelle: Begutachtungsanleitung – Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 282 SGB V – Sozialmedizinische Begutachtung von Cannabinoiden nach § 31 Absatz 6 SGB V

Eigene Kommentare sind kursiv gekennzeichnet. Der Antrag auf Kostenerstattung ist vom Patienten als Versicherten zu stellen. Hierfür ist kein Arzt oder ein Rezept notwendig. Im Antrag sollten alle abgefragten Informationen bereits beigefügt werden.

Der Fragebogen:

Bitte füllen Sie diesen Fragebogen gut leserlich aus. Weitere Ausführungen können auf einem Beiblatt angefügt werden.

Versichertenname:
Versichertennummer:
Geburtsdatum:
Geschlecht: weiblich männlich

1. Erfolgt die Verordnung im Rahmen der genehmigten Versorgung nach § 37b SGB V (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung)? ja nein Weiterlesen

Richtige Entscheidung vom Sozialgericht aus Düsseldorf

Das Sozialgericht Düsseldorf hat am 24.08.2017 die Klage eines Patienten gegen seine Krankenkasse abgelehnt. Der Patient leidet an Polyarthritis und Morbus Bechterew und begehrte eine Therapie mit Cannabis. Dieses hilft ihm erwiesenermaßen seit vielen Jahren gegen seine Erkrankung, die Schmerzen und Nebenwirkungen.

Die Krankenkasse hatte den Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt weil: „Es sei auf Grundlage der ärztlichen Unterlagen unklar, welche Therapieoptionen der Antragsteller ausprobiert habe.“

In der Pressemitteilung des Gerichtes heißt es weiter:

„Für die schwerwiegende Erkrankung des Antragstellers stünden den medizinischen Standards entsprechende Leistungen zur Verfügung, z.B. eine Therapie mit MTX oder Immunsuppressiva. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei auch keine begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes zu entnehmen, dass eine entsprechende Therapie beim Antragsteller nicht zur Anwendung kommen könne. Eine Rheumabasistherapie liege beim Antragsteller schon mindestens 16 Jahre zurück. Unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts könne nicht angenommen werden, dass alle aktuellen Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien.“

Diese Begründung ist in meinen Augen durchaus nachvollziehbar. ABER das bedeutet nicht – jetzt mal unabhängig von dem konkreten Fall den ich aus der Ferne nicht bewerten kann – dass alle denkbaren Möglichkeiten inklusive ihrer Risiken und Nebenwirkungen eingesetzt werden müssen bevor eine Kostenübernahme mit Cannabis erfolgen kann.

Der entscheidende vollständige Text im dem Gesetz lautet:

„eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann“

Für die Option b) ist der behandelnde Arzt gefragt. Er hat die Therapiehoheit und muss entscheiden ob es im konkreten Fall für den Patienten noch sinnvolle Alternativen gibt oder nicht. Wenn der Arzt zur begründeten Erkenntnis kommt dass die Risiken und Nebenwirkungen – nur als Beispiel – einer Therapie mit MTX angesichts des Alters und Gesundheitszustandes für den Patienten nicht zumutbar sind, dann muss der Patient auch kein MTX nehmen. Bei seiner Abwägung kann der Arzt selbstverständlich die über viele Jahre beobachtete Wirksamkeit des Cannabis seim Patienten – und ggf. weiteren Fällen von denen er Kenntnis hat – berücksichtigen.

Die Therapie mit MTX ist hier explizit ein reines Beispiel. Ob in diesem oder anderen Fällen MTX Cannabis vorzuziehen ist oder nicht, kann ich nicht bewerten.

Sozialgericht Düsseldorf: Kein Cannabis bei anderweitigen Therapieoptionen

Pressemitteilung des Sozialgericht Düsseldorf vom 24.08.2017

Ein 67-jähriger, schwerbehinderter Antragsteller aus Remscheid war vor dem Sozialgericht Düsseldorf mit seinem Eilantrag gegen die gesetzliche Krankenkasse pronova BKK auf Übernahme der Kosten seiner Cannabisversorgung erfolglos.

Der Antragsteller leidet an Polyarthritis und Morbus Bechterew. Er machte geltend, dass die Standardtherapien bei ihm schwerwiegende Nebenwirkungen ausgelöst hätten. Seit dem Beginn der Cannabisbehandlung im Jahr 2008 habe er keine Krankheitsschübe mehr gehabt, die Schmerzen und sonstigen Nebenwirkungen seien zurückgegangen. Er habe zuletzt für etwa zwei Monate rund 2.100,00 Euro für Cannabismedikamente finanzieren müssen und könne dies nicht mehr. Die pronova BKK lehnte die Kostenübernahme ab. Es sei auf Grundlage der ärztlichen Unterlagen unklar, welche Therapieoptionen der Antragsteller ausprobiert habe.

Die 27. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf folgte der Argumentation des Antragsgegners. Eine Kostenübernahme für Cannabis setze voraus, dass bei schwerwiegender Erkrankung entweder keine anerkannte Behandlung zur Verfügung stehe oder eine solche nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Arztes im konkreten Fall nicht in Betracht komme. Zusätzlich müsse die Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen.

Für die schwerwiegende Erkrankung des Antragstellers stünden den medizinischen Standards entsprechende Leistungen zur Verfügung, z.B. eine Therapie mit MTX oder Immunsuppressiva. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei auch keine begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes zu entnehmen, dass eine entsprechende Therapie beim Antragsteller nicht zur Anwendung kommen könne. Eine Rheumabasistherapie liege beim Antragsteller schon mindestens 16 Jahre zurück. Unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts könne nicht angenommen werden, dass alle aktuellen Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien.

Beschluss vom 08.08.2017 – S 27 KR 698/17 ER – nicht rechtskräftig –

Quelle: Justiz NRW