Führerschein und Cannabis als Medizin

Die Frage ein Patient, der Cannabis als Medizin nutzt am Straßverkehr teilnehmen darf taucht immer wieder auf und sorgt für große Verunsicherung unter den „Führerscheinabhängigen“. Die Rechtslage ist in der Theorie scheinbar so klar, wie in der Praxis unklar.

Führerscheinrecht und Substanzgebrauch ist an sich schon ein komplexes Thema. Während es für den Kontext Cannabis als Rausch- und Genußmittel eine Menge Urteile und Erfahrungswerte gibt, sind im Kontext Cannabis als Medizin alle Beteiligten noch deutlich unerfahrener. Das betrifft die Führerscheinstellen, die Polizei ebenso wie mich und andere Fachpatienten. Insbesondere was den Komplex MPU betrifft, habe ich einige plausible aber vage Ansätze, aber keinen Erfahrungsschatz wie bei anderen Fragen.

Ein grundsätzlicher Ratschlag an Patienten: Sorgt dafür dass euer Gegenüber, sei es Polizei oder Führerscheinstelle versteht dass der Gebrauch eures Medikamentes so normal ist wie jedes andere Medikament auch. Weiterlesen

Krankenkasse lehnt Cannabistherapie ab, Begründung: „nicht austherapiert“

Obwohl die Krankenkassen nur im begründeten Ausnahmefall einen Antrag auf Übernahme der Kosten einer Therapie mit Cannabis ablehnen dürfen, kann in der Realität leider nicht von „Ausnahmefällen“ die Rede sein. Eine oft genutzte Begründung der Kasse ist dass Argument der Patient sei nicht austherapiert. Hier einige Hinweise wie man auf solch eine Ablehnung  reagieren sollte. Weiterlesen

Gesetzliche Pflichten für den Vertrieb von Arzneimitteln

Vergabe: Nur in der Apotheken, Nur mit Verschreibung etc.

Der Verkauf von Arzneimittel und Medizinprodukte an Endverbraucher ist gesetzlich streng geregelt. Arzneimittel werden bzgl. der Abgabeerlaubnis in vier Gruppen eingeteilt. Dies bildet die Grundlage für die vier Verkaufsabgrenzungen. Die Einteilung in Reihenfolge steigender Reglementierung:

  • „freiverkäuflich“, d.h. frei von der Apothekenpflicht
  • apothekenpflichtig
  • verschreibungspflichtig, d.h. es muss zudem dem Apotheker eine ärztliche Verschreibung vorgelegt werden
  • Betäubungsmittel dürfen nur auf amtlichen Vordrucken, den BtM-Rezepten verschrieben werden und nur nach Vorlage eines BtM-Rezept von der Apotheke abgegeben werden. Es dürfen ausschließlichen Substanzen der Anlage III BtMG verschrieben werden.

Die medizinische Versorgung von Patienten mit Arzneimitteln der Anlage I und II BtM – wie über viele Jahre bei Cannabisblüten praktiziert – erfolgt über eine Erlaubnis für den Erwerb nach § 3 BtMG bzw. bei Cannabis über eine Ausnahmeerlaubis nach § 3 Absatz 2. Rechtlich erwirbt der Patient in der Apotheke kein Arzneimittel, sondern nimmt als Händler am Betäubungsmittelverkehr teil.

Grundsätzlich gilt für Medikamente von die Apothekenpflicht. Bis auf definierte Ausnahmen gibt es für Arzneimittel in Deutschland damit ein Apothekenmonopol. Gesetzliche Grundlage ist § 43 Arzneimittelgesetz (AMG).

In den fort folgenden Paragraphen sind das Prozedere für Ausnahmen geregelt. Die Entscheidungen werden formal durch das zuständige Bundesministerium getroffen und müssen vom Bundesrat bestätigt werden. Praktisch empfiehlt ein entsprechende Gremium, angesiedelt beim BfArM, die Änderungen.

Die Verschreibungspflicht ist eine Verkaufsabgrenzung für apothekenpflichtige Arzneimittel. Rechtliche Grundlage ist Bestimmung des § 48 Arzneimittelgesetz (AMG). Auch hier empfiehlt ein Sachverständigenausschuss im BfArM dem Gesundheitsminsterium Änderungen bei der Verschreibungspflicht. Grundsätzlich ist erst einmal jedes neu zugelassene Arzneimittel verschreibungspflichtig, außer es wird explizit beschlossen.

Die Abgrenzung zwischen Apothekenpflichtig und Freiverkäuflich bzw. Verschreibungspflichtig kann je nach Dosierung und Gesamtmenge Wirkstoff pro Packungseinheit unterschiedlich sein. Beispielsweise darf der Wirkstoff Ibuprofen in Form von Tabletten mit 400 mg Wirkstoff ohne Rezept verkauft werden. Der gleiche Wirkstoff in einer Dosierung von 600 mg ist rezeptpflichtig. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist der Preis gesetzlich festgeschrieben und darf nicht vom Apotheker frei festgelegt werden.

Seit dem Jahr 2004 überschneidet sich die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung bis auf wenige Ausnahmen mit der Verschreibungspflicht. Die Erstattungsfähigkeit ist jedoch zusätzlich auf die Anwendung im Rahmen der Zulassung beschränkt. Der Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist für Ausnahmen zuständig. Diese gibt es in beide Richtungen, also Arzneimittel ohne Verschreibungspflicht aber mit einer Kostenerstattung bei bestimmten Krankheiten, Arzneimitteln, die in bestimmten Fällen auch Off Label erstattet werden sowie Einschränkungen bzw. Bedingungen bei der sonst obligatorischen Erstattung von verschreibungspflichten Arzneimitteln.

Auf den Markt bringen – In der Regel nur mit Arzneimittelzulassung

Ein Fertigarzneimittel wird im Voraus industriell, nicht erst in der Apotheke hergestellt und liegt in einer zur Abgabe an den Endverbraucher bestimmten Form vor. Fertigarzneimittel brauchen grundsätzlich eine Zulassung.

Nicht zulassungspflichtig sind in Apotheken hergestellte Rezeptur- und Defekturarzneimittel. Rezepturen sind keine Fertigarzneimittel. Ein Defekturarzneimittel ist ein Fertigarzneimittel, aber nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 von der Zulassungspflicht ausgenommen. Mit einer Standardzulassung kann das deutsche Bundesministerium für Gesundheit zudem bestimmte Arzneimittel von der Zulassungspflicht freistellen. Solche Verordnungen erfolgen auf Grundlage einer Ermächtigung nach § 36 Arzneimittelgesetz. Diese Standardzulassung sind auch Fertigarzneimittel.

Ob eine Rezeptur verschreibungspflichtig ist, entscheidet sich aufgrund der enthaltenen Wirkstoffe. Die Inhaltsstoffe müssen nicht explizit zugelassen sein, nur analysiert: „vollständige qualitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen und sonstigen Bestandteilen sowie quantitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen unter Verwendung gebräuchlicher Bezeichnungen für jede Darreichungsform des Arzneimittels, § 10 Abs. 6 findet Anwendung“

Negative Folgen einer Ablehnung der Kostenerstattung?

Im Kontext des Urteils des Sozialgerichtes Düsseldorf gegen die Kostenerstattung einer Therapie mit Cannabis schrieb mit ein Patient folgende Frage:

„Betrifft das dann eigentlich nur die Kostenübernahme durch die Krankenkasse oder bedeutet so ein Urteil für denjenigen dann etwa auch, dass der Arzt nicht mehr auf Privatrezept verschreiben darf?“

Hier kann ich beruhigen. Ein Privatrezept ist immer möglich, wenn es der Arzt verantworten kann, da spielt die Kasse keine Rolle. Auch ansonsten sind mir keine negativen Folgen einer Ablehnung bekannt.

Daher gilt für alle Cannabis-Patienten

Beantragt die Kostenerstattung auf jeden Fall!

Ihr habt nichts zu verlieren außer eure Kosten. Ihr braucht weder einen Arzt noch ein Rezept für den Kostenantrag.

Falls die Krankenkasse den Antrag ablehnt, legt Widerspruch ein!

Wer hier schweigt, stimmt der Kasse zu. Nur gegen etwa 50% der abgelehnten Anträgen wird Widerspruch eingelegt. Das ist eine verschenkte Chance.

Wird auch der Widerspruch zurückgewiesen, klagt vor dem Sozialgericht! Weiterlesen