Richtige Entscheidung vom Sozialgericht aus Düsseldorf

Das Sozialgericht Düsseldorf hat am 24.08.2017 die Klage eines Patienten gegen seine Krankenkasse abgelehnt. Der Patient leidet an Polyarthritis und Morbus Bechterew und begehrte eine Therapie mit Cannabis. Dieses hilft ihm erwiesenermaßen seit vielen Jahren gegen seine Erkrankung, die Schmerzen und Nebenwirkungen.

Die Krankenkasse hatte den Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt weil: „Es sei auf Grundlage der ärztlichen Unterlagen unklar, welche Therapieoptionen der Antragsteller ausprobiert habe.“

In der Pressemitteilung des Gerichtes heißt es weiter:

„Für die schwerwiegende Erkrankung des Antragstellers stünden den medizinischen Standards entsprechende Leistungen zur Verfügung, z.B. eine Therapie mit MTX oder Immunsuppressiva. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei auch keine begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes zu entnehmen, dass eine entsprechende Therapie beim Antragsteller nicht zur Anwendung kommen könne. Eine Rheumabasistherapie liege beim Antragsteller schon mindestens 16 Jahre zurück. Unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts könne nicht angenommen werden, dass alle aktuellen Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien.“

Diese Begründung ist in meinen Augen durchaus nachvollziehbar. ABER das bedeutet nicht – jetzt mal unabhängig von dem konkreten Fall den ich aus der Ferne nicht bewerten kann – dass alle denkbaren Möglichkeiten inklusive ihrer Risiken und Nebenwirkungen eingesetzt werden müssen bevor eine Kostenübernahme mit Cannabis erfolgen kann.

Der entscheidende vollständige Text im dem Gesetz lautet:

„eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann“

Für die Option b) ist der behandelnde Arzt gefragt. Er hat die Therapiehoheit und muss entscheiden ob es im konkreten Fall für den Patienten noch sinnvolle Alternativen gibt oder nicht. Wenn der Arzt zur begründeten Erkenntnis kommt dass die Risiken und Nebenwirkungen – nur als Beispiel – einer Therapie mit MTX angesichts des Alters und Gesundheitszustandes für den Patienten nicht zumutbar sind, dann muss der Patient auch kein MTX nehmen. Bei seiner Abwägung kann der Arzt selbstverständlich die über viele Jahre beobachtete Wirksamkeit des Cannabis seim Patienten – und ggf. weiteren Fällen von denen er Kenntnis hat – berücksichtigen.

Die Therapie mit MTX ist hier explizit ein reines Beispiel. Ob in diesem oder anderen Fällen MTX Cannabis vorzuziehen ist oder nicht, kann ich nicht bewerten.

Negative Folgen einer Ablehnung der Kostenerstattung?

Im Kontext des Urteils des Sozialgerichtes Düsseldorf gegen die Kostenerstattung einer Therapie mit Cannabis schrieb mit ein Patient folgende Frage:

„Betrifft das dann eigentlich nur die Kostenübernahme durch die Krankenkasse oder bedeutet so ein Urteil für denjenigen dann etwa auch, dass der Arzt nicht mehr auf Privatrezept verschreiben darf?“

Hier kann ich beruhigen. Ein Privatrezept ist immer möglich, wenn es der Arzt verantworten kann, da spielt die Kasse keine Rolle. Auch ansonsten sind mir keine negativen Folgen einer Ablehnung bekannt.

Daher gilt für alle Cannabis-Patienten

Beantragt die Kostenerstattung auf jeden Fall!

Ihr habt nichts zu verlieren außer eure Kosten. Ihr braucht weder einen Arzt noch ein Rezept für den Kostenantrag.

Falls die Krankenkasse den Antrag ablehnt, legt Widerspruch ein!

Wer hier schweigt, stimmt der Kasse zu. Nur gegen etwa 50% der abgelehnten Anträgen wird Widerspruch eingelegt. Das ist eine verschenkte Chance.

Wird auch der Widerspruch zurückgewiesen, klagt vor dem Sozialgericht! Weiterlesen

Sozialgericht Düsseldorf: Kein Cannabis bei anderweitigen Therapieoptionen

Pressemitteilung des Sozialgericht Düsseldorf vom 24.08.2017

Ein 67-jähriger, schwerbehinderter Antragsteller aus Remscheid war vor dem Sozialgericht Düsseldorf mit seinem Eilantrag gegen die gesetzliche Krankenkasse pronova BKK auf Übernahme der Kosten seiner Cannabisversorgung erfolglos.

Der Antragsteller leidet an Polyarthritis und Morbus Bechterew. Er machte geltend, dass die Standardtherapien bei ihm schwerwiegende Nebenwirkungen ausgelöst hätten. Seit dem Beginn der Cannabisbehandlung im Jahr 2008 habe er keine Krankheitsschübe mehr gehabt, die Schmerzen und sonstigen Nebenwirkungen seien zurückgegangen. Er habe zuletzt für etwa zwei Monate rund 2.100,00 Euro für Cannabismedikamente finanzieren müssen und könne dies nicht mehr. Die pronova BKK lehnte die Kostenübernahme ab. Es sei auf Grundlage der ärztlichen Unterlagen unklar, welche Therapieoptionen der Antragsteller ausprobiert habe.

Die 27. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf folgte der Argumentation des Antragsgegners. Eine Kostenübernahme für Cannabis setze voraus, dass bei schwerwiegender Erkrankung entweder keine anerkannte Behandlung zur Verfügung stehe oder eine solche nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Arztes im konkreten Fall nicht in Betracht komme. Zusätzlich müsse die Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen.

Für die schwerwiegende Erkrankung des Antragstellers stünden den medizinischen Standards entsprechende Leistungen zur Verfügung, z.B. eine Therapie mit MTX oder Immunsuppressiva. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei auch keine begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes zu entnehmen, dass eine entsprechende Therapie beim Antragsteller nicht zur Anwendung kommen könne. Eine Rheumabasistherapie liege beim Antragsteller schon mindestens 16 Jahre zurück. Unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts könne nicht angenommen werden, dass alle aktuellen Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien.

Beschluss vom 08.08.2017 – S 27 KR 698/17 ER – nicht rechtskräftig –

Quelle: Justiz NRW

In Deutschland verfügbaren Cannabissorten aus der Apotheke

Zu den einzelnen Typen siehe hier.

Sorte

Typ

THC

CBD

Hersteller / Größen

Bedrocan

THC↑

22

< 1

Bedrocan

Bedica

THC↓

14

< 1

Niederlande

Bedrobinol

THC↔

13,5

< 1

5 g

Bediol

THC=CBD

6,3

8

Bedrolite

CBD

< 1

9

Pedanios 22/1

THC↓

22

< 1

Aurora

Pedanios 20/1

THC↓ ?

20

< 1

Kanada

Pedanios 18/1

THC↓

18

< 1

10 g

Pedanios 16/1

THC↓

16

< 1

Pedanios 14/1

THC↑

14

< 1

Pedanios 8/8

THC=CBD

8

8

Princeton

THC↑

16,5

< 0,05

Tweed

Houndstooth

THC↑

13,5

< 0,05

Kanada

Penelope

THC=CBD

10,4

7,5

5, 10, 20 g

Argyle

THC=CBD

5,4

7

Bakerstreet

THC↓

23,4

< 0,5

Orange No 1

THC↓

13,6

< 0,5

Green No 3

THC=CBD

8,1

11,7

Red No 2

THC↑

20,3

< 0,5

Red No 4

THC↔

24,3

< 0,5

Hinweis: Nicht alle Daten konnten verifiziert werden. Bei neuen Informationen wird diese Graphik aktualisiert. Stand 27.11.2017

Update: 27.11.2017 Princeton ist bis auf weiteres nicht mehr im Sortiment. Als Ersatz soll Orange No 1 dienen. Houndstooth heißt nun Red No 2.

Die Cannabissorte „Red N°4“

Genaue Bezeichnung: Mettrum Red N°4?

THC-Gehalt: 19-20%
CBD-Gehalt: 0,3-0,5%

Hersteller: Canopy, unter dem Markennamen Mettrum bzw. inzwischen Spectrum Cannabis
Herkunft: Kanada
Importeur und Großhändler für Deutschland: Vermutlich Spektrum Cannabis GmbH (AKA MedCann)
Verfügbarkeit: (bald?) auf dem Markt

Inhalt einer Dose: 5 Gramm Flos

„Mettrum Red N°4′s base genetic origins are Afghanistan, Mexico & Columbia, crossed with Brazil & India (Great White Shark).“

Vermutungen: Skunk, relevanter CBG-Anteil, Hauptterpene: Humulene, Caryophyllene, Myrcene, „sweet, lemon, and citrus“

Hinweis zu den Werten: Diese Angaben aus Kanada müssen nicht mit den Werten der Cannabisprodukten in deutschen Apotheken entsprechen. Für eine grobe Einteilung sollten die Werte ausreichend ähnlich sein.