Ein Patient hat mir ein aktuelles Schreiben seiner Krankenkasse an das Sozialgericht zukommen lassen. Zum Hintergrund: Er hat seinen Antrag Januar 2018 gestellt und nach langem Warten Anfang 2020 erst seine Klage gegen die dann erfolgte Ablehnung einreichen können.
150% Auslastung
Die Krankenkassen, die AOK Nordost beklagt in dem Schreiben die zahlreichen Klagen, die gegen sie laufen. Eine Auswertung der Akten ergab eine Zahl von über 500 Fällen. Die Kapazitäten der Rechtsabteilung belaufen sich auf maximal 350 Fälle. Aktuell würden Kollegen aus anderen Bereichen eingearbeitet. Dies würde aber erst einmal zu weiteren Verzögerungen führen: Eine Verbesserung sei erst im Herbst zu erwarten.
Bitte um stillschweigende Fristverlängerung
Im konkreten Fall konnte eine Stellungnnahme zu einem Schreiben des Gerichtes vom 30.11.2020 noch immer nicht bearbeitet werden. Mit einer Antwort durch die Krankenkassen sei für „nicht vor Ende Februar 2021“ abzusehen…
Rechtliche Konsequenzen? Einzelfall?
Was ich nicht absehen kann sind die rechtlichen Konsequenzen aus solchen Problemen, für die der Patient offentsichtlich nichts kann. Wie lange lassen Gerichte einen Patienten warten bevor sie anstatt der Kasse dem Patienten zumindest eine vorläufige Versorgung bis zum Ende der Hauptverhandlung zusprechen? Ich werde versuchen hierzu eine Stellungnahme von einem Juristen zu erhalten.
Ebenfalls möchte ich alle Cannabis-Patienten, die ebenfalls klagen und ein ähnliches Schreiben erhaltren haben, bitte mir dieses zukommen zu lassen, natürlich anoymisiert – alleine der Name der Krankenkasse und das Datum wären wichtige Metainformationen.
Überlasten speziell die Cannabis-Patienten die Krankenkassen? Gut möglich!
Ich habe mal eine Schätzung zu dieser Frage überschlagen. Die AOK Nordost hat mit 1,7 Millionen Mitgliedern etwa einen Anteil an allen GKV Versicherten von 2,43%. Der Überlastungsstand von 500 Fällen entspricht hochgerechet auf alle GKV Patienten etwa 20.000 Versicherten.
Geht man von einer normalen Auslastung von 75% der Kapazitäten (350 Fälle) aus, dann wären 10.000 Klagefälle der Normalzustand. Die zusätzlichen 10.000 Klagen führen das System in die Überlastung.
Der DHV ging schon 2019 von circa 40.000 Patienten mit einer Kostenerstattung aus. Dazu kommen nach Grotenhermen/Plenert nochmal 20.000-30.000 Patienten, die sich mehr oder weniger gut über Privatrezepte versorgen. Im Jahr 2020 könnte die Zahl auf über 100.000 Patienten gestiegen sein. Auf jede Genehmigung kommen etwa eine Ablehnung, diese Zahl müsste damit auch im mittleren fünfstelligen Bereich liegen.
Bei anderen Ablehungen von anderen Leistungen klagen erfahrungsgemäß nur wenige % der Versicherten vor dem Sozialgericht. Wenn es bei den Cannabis-Patienten der AOK Nordost 20% sind, könnte dies die Überlastung der Krankenkassen komplett erklären – wobei 20% schon eine sehr hohe Quote wäre. Anders ausgedrückt: Wenn alle Cannabis-Patienten, die eine Ablehnug erhalten haben, eine Klage vor dem Sozialgericht einreichen, wären die Rechtsabteilungen aller Kassen schnell komplett überlastet…
Karin sagt:
Das haben die sich selbst eingebrockt. Ablehnen dürfen sie ja nur mit triftigem Grund. Auf lange Sicht gesehen wäre es für die AOK günstiger, zeit- und Ressourcensparender die Cannabistherapie einfach zu bezahlen. Bei Homöopathiekram gehts ja auch.
Jo sagt:
Also bei uns in Südhessen und Rheinland-Pfalz geht man gegen Ärzte vor welche C. als Privatrezept ausgeben indem man sie mit Approbationsentzugsandrohung mundtot macht, denn in dem Innenministerium sitzen die Krankenkassenverbände mit den Apotheken und Ärztekammern sowie den Konservativen CDU/Grüne zusammen am Tisch und überlegen wie sie dem Schwarzhandel der Kriminellen Bikerclubs usw. helfen.