Kleine Anfrage zu „Cannabismedizin und Straßenverkehr“ – kompakt

Die LINKE hat im Bundestag bei der Bundesregierung die Rechtslage für Patienten, die Cannabis als Medizin nutzen im Bereich Straßenverkehr erfragt. Der folgende Text fasst die wichtigsten Antworten zusammen. Über die URL kann die Echtheit geprüft und der vollständige Text gefunden abgerufen. Bis sichergestellt ist dass jeder Polizist die neue Rechtslage kennt, empfehle ich jedem Patienten mit Führerschein den Text und einen ausgefüllten Cannabinoid-Ausweis mit Hinweis zum Stand der Eingewöhnung bei sich zu führen. Wer möchte und es sich zutraut kann die Polizei bei sich vor Ort auch proaktiv auf die Rechtslage aufmerksam machen.

Hier als Druckvorlage der Text Cannabismedizin und Straßenverkehr in A5 und Cannabismedizin und Straßenverkehr in A4.

Deutscher Bundestag – Drucksache 18/11701 – 27.03.2017

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Ulla Jelpke, Jan Korte, Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Cannabismedizin und Straßenverkehr

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/117/1811701.pdf

Cannabispatientinnen und -patienten werden hinsichtlich der Teilnahme am Stra­ßenverkehr genauso behandelt wie andere Patienten, die unter einer Dauermedi­kation stehen bzw. die ein psychoaktives Arzneimittel verordnet bekommen ha­ben. Grundsätzlich dürfen Patientinnen und Patienten am Straßenverkehr teilneh­men, soweit sie auf Grund der Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit beein­trächtigt sind, d. h. sie müssen in der Lage sein, ein Fahrzeug sicher zu führen. Dabei gilt die gleiche Rechtslage wie bei anderen Medikationen, wie zum Bei­spiel bei Opioid-Verschreibungen. Bei einem Verstoß droht eine Strafbarkeit nach § 316 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Den Cannabispatientinnen und -patienten droht keine Sanktionierung gemäß § 24a Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), wenn Cannabis aus der be­ stimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall ver­schriebenen Arzneimittels herrührt.

Die Bundesregierung begrüßt eine einheitliche Anwendung der geltenden Vor­schriften. Anwendung und Vollzug liegen in der Hoheit der Länder. Um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, steht die Bundesregierung im Dialog mit den Bundesländern.

Eine wesentliche Neuerung des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtli­cher und anderer Vorschriften ist, dass weitere Cannabisarzneimittel wie getrock­nete Cannabisblüten und Extrakte nun direkt von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt verschrieben werden können und es keiner Ausnahmeer­laubnis des BfArM nach § 3 Absatz 2 BtMG mehr bedarf. Somit werden getrock­nete Cannabisblüten und Extrakte im Rahmen einer ärztlich überwachten Thera­pie eingenommen und nicht mehr als Selbstmedikation.

Mit der Rechtsänderung findet der Ausnahmetatbestand des § 24a Absatz 2 Satz 3 StVG Anwendung. Da­nach handelt es sich nicht um eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein Fahrzeug unter Wirkung eines berauschenden Mittels geführt wird, die Substanz aber aus der be­stimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall ver­schriebenen Arzneimittels herrührt.

Eine Strafbarkeit gemäß § 316 StGB droht Cannabispatientinnen und -patienten sowie Konsumenten außerhalb einer medizinischen Indikation in gleicher Weise, wenn sie auf Grund der Wirkung des Cannabis (auch bei jeder anderen Medika­tion) nicht in der Lage sind, ein Fahrzeug (Fahrrad oder Kraftfahrzeug) sicher zu führen. Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn wegen der Wirkung des Cannabis Aus­fallerscheinungen vorhanden sind, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kann insbesondere in der Einstellungs- und Eingewöhnungsphase von cannabishaltigen Arzneimitteln vorliegen, abhängig von Krankheitsbild und Therapie (Dosis, Therapiephase, Grunderkrankung, an­dere Arzneimittel).

Den Cannabispatientinnen und -patienten droht keine Sanktionierung gemäß § 24a Absatz 2 StVG, wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

Cannabispatientinnen und -patienten werden genauso behandelt wie andere Pati­enten, die unter einer Dauermedikation stehen bzw. die ein psychoaktives Arz­neimittel verordnet bekommen haben.

Eine Entziehung der Fahrerlaubnis droht, wenn gemäß § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Fahrerlaubnis-Verordnung eine missbräuchliche Einnahme des cannabishaltigen Arzneimittels nachgewiesen wird.

Hinsichtlich der Sanktionierung ist der wesentliche Unterschied die Beurteilung der Rechtslage im Rahmen des § 24a Absatz 2 StVG. Bei Cannabis als Arznei­mittel gilt die Ausnahmeklausel des § 24a Absatz 2 Satz 3 StVG. Zweck dieser Regelung ist, dass insbesondere durch die Medikation die grundsätzliche Fahr­tüchtigkeit erst wieder hergestellt wird.

Die Wirkung der Substanzen als Therapeutikum bei der Einnahme nach ärztlicher Verordnung unterscheidet sich deutlich von der Wirkung bei missbräuchlichem Konsum. Während ein Drogenkonsument eine Substanz zu sich nimmt, um be­rauscht zu sein, nimmt ein Patient eine Substanz zu sich, um seinem Leiden ent­gegen zu wirken.

Wichtig ist insbesondere, dass Patientinnen und Patienten anders als Drogenkon­sumenten über eine hohe Zuverlässigkeit und Verantwortlichkeit verfügen (Com­pliance). Sie verhalten sich eher regelkonform und sind achtsam im Umgang mit der Medikation und den Nebenwirkungen.

Bei Personen, die Cannabis außerhalb einer medizinischen Indikation konsumie­ren, wird durch die Einnahme die Fahrtüchtigkeit nicht hergestellt, sondern be­einträchtigt. Diese Personen dürfen nur fahren, wenn Cannabis nicht mehr im Blut nachgewiesen werden kann.

Es ist nicht gesetzlich festgeschrieben, dass Patienten unter Dauermedikation ei­nen Nachweis hierüber mit sich führen müssen.

Es wird empfohlen, dass Cannabispatientinnen und -patienten beim Führen eines Fahrzeugs eine zusätzliche Ausfertigung des Betäubungsmittelrezeptes für die Cannabismedikation oder eine Bescheinigung des Arztes mitführen. Inwieweit das Betäubungsmittelrezept oder eine ärztliche Bescheinigung als ausreichend akzeptiert wird, kann nur durch die jeweiligen Bundesländer beantwortet werden.

Gesetzliche Vor­gaben zum Ort, an dem ein Arzneimittel einzunehmen ist, bestehen nicht.